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23.08.2010

Im wilden Stubai

Filed under: Tourenberichte — admin @ 08:13

Freitag-Sonntag, 20.-22. August 2010, mit Hans Sterr – Zweimal musste die Tour wegen schlechten Wetters verschoben werden, bis die Vorhersage für dieses Wochenende endlich gut war. Es hat sich voll gelohnt …

Hüttenaufstieg

Zu sechst machen wir uns auf den Weg ins „wilde“ Stubai: Wilder Freiger und Wilder Pfaff heißen unsere Tourenziele. Zunächst aber haben wir den ersten Hüttenanstieg zur Sulzenauhütte vor uns, aber diese 600 Höhenmeter auf gutem Pfad sind problemlos zu meistern – zumindest von fast allen: Ein Teilnehmer muss seiner schweren Erkrankung vom letzten Winter Tribut zollen und feststellen, dass sich der Körper doch noch nicht so gut erholt hat. Mit schwerem Hochtourenrucksack aufsteigen ist halt doch noch was anderes.

Wir erreichen aber trotzdem alle zusammen die Hütte, wo ein schönes Sechs-Bett-Zimmer für uns reserviert ist. Wir waschen uns eilig und setzen uns dann zum Abendessen. Mit gutem Essen und lockeren Gesprächen vergeht die Zeit, bis wir um 22 Uhr zu Bett gehen.
Am nächsten Morgen frühstücken wir noch zusammen. Peter hat sich schweren Herzens entschlossen, abzusteigen; zu sehr merkt er, dass er noch nicht fit ist. Wir verabschieden uns von ihm herzlich und machen uns selbst an den Aufstieg.

Blaue Lacke

Vorbei an einer wahren Parade von Steinmännern oberhalb der Blauen Lacke steigen wir in Richtung Gletscher auf. Manche von uns waren schon mal hier, und alle sind wir uns einig: der Gletscher ist sehr weit zurück gegangen; man steigt viel weiter auf, bis man endlich die Gletscherzunge erreicht.

Richtung Gletscher

Anseilen

Angeseilt

Wir seilen uns an und beginnen den Aufstieg auf dem zunächst recht flachen Gletscher. Dann zieht das Eis zu einem steileren Hang an, bevor es sich wieder in die Talsenke zurücklehnt. Leicht erreichen wir so den Einstieg in den Nordgrat des Wilden Freiger.

Am Grat

Ab hier geht es nun seilfrei über den blockigen Grat weiter. Wir haben uns mit Bandschlinge und Karabiner ein Ersatz-Klettersteigset gebaut, mit dem wir uns an den ausgesetztesten Stellen des Grates am Drahtseil selbst sichern. Das Klettern mit dem schweren Hochtourenrucksack, verbunden mit der dünnen Höhenluft über 3000m, verlangt konditionell einiges. Am Übergang vom Nordgrat in den noch steileren Westgrat machen wir deshalb Trink- und Brotzeitpause.

Und weiter geht’s

Dann geht’s noch mal so richtig auf: Auf und neben dem Grat, über Blöcke und Türmchen turnen wir dem Gipfel entgegen, den wir schließlich auf 3418m Höhe erreichen. Hier ist es dicht bevölkert; an Einsamkeit stirbt man auf dem Freiger an so einem sonnigen Tag nicht … wir finden aber trotzdem ein Plätzchen zu einer ausgiebigen Pause in der warmen Mittagssonne.

Am Freiger-Gipfel

Nach gut einstündiger Rast machen wir uns wieder auf den Weg. Wir steigen über den steilen Südgrat des Freiger, gut mit Drahtseilen versichert, in Richtung Becherhaus ab.

Rutschpartie

Die knapp hundert Meter Gegenstieg zur Hütte hinauf kosten dann noch etliche Tropfen (oder waren’s Bäche?) Schweiß, bevor wir unser Domizil auf 3195m Meereshöhe erreichen, wunderbar gelegen auf dem namensgebenden Berg, dem Becher.

Am Becherhaus

Bevor wir Quartier machen (wir haben aus gutem Grund reserviert; die Hütte ist absolut voll), gönnen wir uns erst mal eine ausgiebige Rast auf der Hüttenterrasse; vor allem der Flüssigkeitshaushalt muss wieder auf Vordermann gebracht werden, was uns auch einwandfrei gelingt. Danach beziehen wir unser Lager und richten uns häuslich ein.

Um 18 Uhr gehen wir zum Abendessen. Nach dem Essen müssen wir allerdings unseren Platz räumen, weil die Hütte nicht genügend Sitzplätze für alle Gäste hat; es gibt deshalb Schichtwechsel. Wir machen es uns draußen vor der Hütte gemütlich – oder was man so gemütlich nennt: Ein kalter Wind weht ums Haus. Mit Jacken und warmen Decken auf den Knien lässt es sich bei Wasser und Wein aber trotzdem aushalten, und wir genießen den abendlichen Blick zu Botzer, Sonklarspitze, Zuckerhütl, Wildem Pfaff und sogar bis in die Dolomiten.

Gemütlich (?)

Vor der Nachtruhe wechseln wir (jetzt ist wieder Platz) zurück in den Gastraum, ratschen noch ein bisschen und gehen dann kurz vor der Hüttenruhe ins Bett. Aber mei, was heißt hier Hüttenruhe: Während die einen mehrere Kubikmeter Holz verarbeiten, haben andere schwache Blasen und stehen nachts mehrfach auf; es ist ziemlich kalt und der kräftige Wind schlägt draußen die Fahne polternd gegen die Hauswand. Da soll einer schlafen können …

Langsam wird es Tag

Gletscher im ersten Licht

Fast ist man froh, als um halb sechs der Wecker klingelt: den Sonnenaufgang auf 3200m darf man sich natürlich nicht entgehen lassen. Und tatsächlich gibt es das erhoffte Schauspiel bei der Morgendämmerung und als schließlich die Sonne hinter den Feuersteinen herauf kommt und Zuckerhütl und Pfaff mit warmem Morgenlicht übergießt.

Und da kommt sie über den Berg

Blick (u.a.) bis zu den Drei Zinnen und zur Marmolada

Nach diesem schönen Tagesauftakt frühstücken wir, packen zusammen und steigen dann zum Gletscher ab. Wir seilen uns an und machen uns auf den Weg Richtung Ostgrat des Wilden Pfaff, den wir nach gut einer Stunde erreichen. Wir stiegen über blockiges Gelände auf den Grat und folgen ihm dann weiter in Richtung Gipfel.

Am Ostgrat des Pfaff

Die kleine Kletterei ist sehr abwechslungsreich und macht allen richtig Spaß. Zum Gipfel hin steilt der Grat noch einmal deutlich auf und Drahtseile helfen über eine glatte Platte. Dann haben wir den Gipfel auf 3458m erreicht, und da sich gerade alle anderen Bergsteiger an den Abstieg machen, haben wir den Gipfel (für eine Viertelstunde) für uns allein.

Am Wilden Pfaff

Wir genießen den Blick hinüber zum Zuckerhütl, dessen Firnflanke erschreckend ausgeapert ist, und beobachten noch ein Flugzeug, das seine Kreise um Zuckerhütl und Pfaff dreht, bevor wir wieder aufbrechen.

Blick zum Zuckerhütl

Der Weg führt uns nun weit über den Gletscher in Richtung Lange Pfaffennieder. Und der Weg ist nicht ungefährlich: Kurz verschwindet der Seilerste bis zur Hüfte in einer Spalte, kann sich aber mit dem Pickel selbst wieder herausziehen. Entsprechend vorsichtig gehen wir nun weiter, aber bis auf kleinere Probleme, die wir mit Vorsicht meistern, geht nun alles glatt.

Wir erreichen den Übergang vom Gletscher in den Fels. Das Eis ist aber hier so tief ausgeapert, dass der Einstieg in den Fels nun sehr weit unten ist und von der Schwierigkeit her schon im III. Grad anzusiedeln ist. Der Tourenleiter steigt vor und sichert mit Bandschlingen auf Zug die anderen nach; die Teilnehmer meistern – Respekt! – auch diese schwierige Stelle mit Bravour. Wir steigen dann über Blockwerk und Schotter den Grat entlang, bis die Abzweigung nach Westen über eine steile Flanke nach unten führt. Noch ein paarmal muss man ordentlich hinlangen, bis wir den Fels hinter uns lassen und wieder einen Gletscher erreichen.

Wir folgen dem Gletscher abwärts, bis wir ihn an der Seitenmoräne verlassen und auf ihr zur Sandstraße im Stubaier Skigebiet absteigen; das Seil lassen wir Karola tragen (wer sollte das sonst tragen? Die Männer vielleicht? A geh!).

Die Seilerin

Wir erreichen die Mittelstation der Gletscherbahn und fahren hinunter – und haben großes Glück: der Bus in Richtung unseres Parkplatzes steht abfahrtbereit da; wir hätten sonst mehr als eine Stunde warten müssen. Nach kurzer Fahrt erreichen wir den Parkplatz und sind froh, unsere Hochtouren-Klamotten gegen frische Sachen tauschen zu können.

Kurz kehren wir noch auf Kaffee und Kuchen in die Grawa-Alm ein, bevor wir uns auf die Heimfahrt machen; ein anstrengendes, aber tourenmäßig ausgefülltes Wochenende liegt hinter uns.

Dabei waren: Peter Gebel (leider nur kurz), Peter Kruber, Rüdiger Lindner, Karola Rübensaal, Martin Wegmeier
Tourenleitung, Fotos und Bericht: Hans Sterr

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