Ratsch-Bladl – DAV Alpenkranzl Erding Alpenkranzl-Informationen 08/2010-12/2018

16.08.2016

Auf Hochtour im Kaunertal

Filed under: Tourenberichte — admin @ 10:39

13.-15.08.2016, mit Hans Sterr –  Es war ein etwas schwieriger Start in dieses Hochtourenwochenende: Die eigentliche „Chefin“ dieser Tour, Karola Rübensaal, musste sich nämlich kurzfristig krank melden. So musste der eigentlich nur zweite Tourenleiter sich den Hut aufsetzen, und mit Hans Mau übernahm ein erfahrener Recke die Führung des zweiten Seils.

Die Anreise verlief recht unproblematisch, nur am Fernpass gab’s einen kleinen Rückstau. Aber nachdem wir am Pass sowieso einkehren wollten, war das auch nicht so schlimm, und bis ins Kaunertal gab es dann kein Problem mehr. A bisserl quadratisch geschaut haben wir allerdings an der Mautstelle zur Kaunertaler Gletscherstraße: Satte 23 Euro werden da pro Auto als Gebühr eingehoben …

An der Kaunertaler Gletscherstarße

An der Kaunertaler Gletscherstraße

Wir fahren vorbei am Gepatsch-Stausee und an ihm entlang bis zum Südende am Fernergrieß, wo der Aufstieg zur Rauhekopfhütte beginnt. Von der Staumauer ist unser geplantes Bergziel, die Weißseespitze, bereits sichtbar.

Blick über den Gepatsch-Stausee zur Weißseespitze

Blick über den Gepatsch-Stausee zur Weißseespitze

Wir schultern die schweren Hochtourenrucksäcke, und los geht’s den Berg hinauf, zunächst durch einen schönen Zirbenwald, bevor wir nach links den Hang hinauf oberhalb der Gletschermoräne ansteigen. Den alten Weg direkt ins Tal hinein gibt es nicht mehr; die Gletscherschmelze hat diesen Anstieg unmöglich gemacht (und wird uns später auch noch Probleme bereiten).

Do geht's auffi

Do geht’s auffi

Der steile Anstieg mit dem schweren Gepäck sorgt dafür, dass die Körperheizung gleich ordentlich anspringt, und so ist mancher dankbar, dass die Mittagspause schon nach 400 Höhenmetern eingelegt wird.

Pausenplatz mit Stauseeblick

Pausenplatz mit Stauseeblick

Kurz nach unserer Brotzeit begegnen wir noch einer Gams, die sich durch uns nicht ablenken lässt und seeleneruhig anscheinend ebenfalls Mittagsbrotzeit macht.

Mahlzeit!

Mahlzeit!

Danach steigen wir weiter an, bis wir den Abzweig zum Gepatschferner erreichen. Wir müssen 80 Hm zu ihm hinunter absteigen und erreichen an seinem Rand den Anseilplatz.

Am Abstieg zum Gepatschferner

Am Abstieg zum Gepatschferner

Der Gletscher ist zwar aper und wir könnten auch seilfrei gehen, aber aus Übungsgründen wollen wir gleich mal als Seilschaften unterwegs sein. Also ist volle Gletscherausrüstung mit Steigeisen, Pickel und Seil angesagt.

Am Anseilplatz

Am Anseilplatz

Wir erklimmen mit Seilsicherung den Gletscherrand und machen uns an den Aufstieg. Der Weg war, obwohl praktisch unmarkiert, von der Moräne aus gut erkennbar, und so steigen wir auf dem mäßig geneigten Gletscher aufwärts.

Auf dem Gepatschferner

Auf dem Gepatschferner

Wieder aus Übungsgründen steigen wir aber nicht gerade auf, sondern machen Schlenker in Richtung von Eisabbrüchen, aber natürlich ohne ihnen zu nahe zu kommen.

Nahe dran, aber nicht gefährlich

Nahe dran, aber nicht gefährlich

Dann ist der vorher ausgespähte Übergang erreicht – aber halt, das hier kann nicht der Weg sein, denn da müsste man durch die Eissturzzone des sich hier auftürmenden Gletschers.

Eissturzzone

Eissturzzone

Also wieder hinunter und den Weg suchen … aber vergeblich: Es stellt sich heraus, dass das dort oben schon der standardmäßige Durchstieg ist. Unglaublich, denn die Route führt durch kürzlich erst abgestürzte große Eisbrocken.

Besser nicht stehenbleiben!

Besser nicht stehenbleiben!

Wir steigen deshalb so schnell wie möglich durch diese Zone und sind froh, als wir die sichere Seite erreicht haben. (Da wir am späten Nachmittag dann auch noch das weitere Abbrechen von Eismassen auf die Route beobachtet haben: Da wird sich die Hüttensektion ernsthaft Gedanken machen müssen, wie es hier weitergeht. Zumindest Warnschilder mit dem Hinweis auf schnelles Durchqueren sollten aufgestellt werden.)

Im Hüttenzustieg über dem Gletscher

Im Hüttenzustieg über dem Gletscher

Wir entledigen uns der Steigeisen, verpacken die Seile und steigen über Felsen und Schutt unserem Hüttenziel zu, der Rauhekopfhütte. Sie liegt schön auf einem Felssporn unterhalb des namengebenden Hüttengipfels, dem Rauhen Kopf. Der ist allerdings ein so wenig einladender Schutthaufen, dass wir uns seine eigentlich geplante Ersteigung gespart haben.

Blick von der Rauhekopfhütte auf Gepatschferner und Hochvernagtspitze

Blick von der Rauhekopfhütte auf Gepatschferner und Hochvernagtspitze

Die Rauhekopfhütte ist ein sehr uriges Platzerl: Sie bietet Platz für nur 21 Bergsteiger, hat keinen Stromanschluss und wird in 14tägigem Wechsel ausschließlich ehrenamtlich bewirtschaftet. Anja und Steffi, unser Hüttenteam während unseres Aufenthalts, sind wahre Goldstücke, die uns ausgezeichnet versorgt haben. Und trotz aller spartanischer Ausstattung: Es gibt sogar eine Dusche – Freiluft zwar, aber dafür (ehrlich!) sogar warm: Das (Gletscher-)Wasser wird in schwarzen Schläuchen herangeführt, so dass es sich in der Sonne aufheizen kann und so echten Duschkomfort bietet. G’schamig darf man halt nicht sein – aus der Gruppe haben alle die Möglichkeit genutzt. Während die einen duschen, schauen die anderen auf der Hüttenterrasse halt woanders hin …

Nur der Rücken soll entzücken

Nur der Rücken soll entzücken

Nachdem wir uns auf der Hütte eingerichtet und uns mit Flüssignahrung versorgt haben, machen wir noch als Trockenübung die Spaltenbergung; am nächsten Tag wollen wir ja über den Gletscher zur Weißseespitze. Nach mehreren Durchgängen sitzen alle Handgriffe.

Abendlicht über dem Glockturm

Abendlicht über dem Glockturm

Das Abendessen bietet Rindsroulade mit Spätzle, von Anja und Steffi am Holzofen zubereitet. Erstaunlich, was so ein kleiner Hüttenofen alles hergibt (ja, die Rouladen wurden schon im Tal gekocht – aber trotzdem!).

Candlelight-Dinner

Candlelight-Dinner

Und weil es ja keinen Strom gibt, müssen zum Essen Kerzen ausreichen (ab und zu verstärkt mit der „Hirnbirn“, der Stirnlampe). Unsere Wirtin Anja hat Geburtstag; wir singen ihr ein Ständchen und werden dafür zu einer Schnapsrunde eingeladen. Herzlichen Glückwunsch, Anja!

Rauhekopfhütte im Mondlicht

Rauhekopfhütte im Mondlicht

Da wir fast Vollmond haben, bieten sich für Fotografen natürlich noch spätabends Motive an und werden auch genutzt. Nur der Versuch, die Perseiden zu fotografieren, schlägt fehl: Trotz drei Stunden Fotografierens wollte sich partout keine Sternschnuppe ablichten lassen.

Mondlicht und Sternenhimmel über der Hochvernagtspitze

Mondlicht und Sternenhimmel über der Hochvernagtspitze

Um halb sechs am Samstag klingelt dann unser Wecker. Unser Frühstück steht schon fertig am Tisch – und wir beginnen den Tag mit einem Geburtstagsständchen für unser Gruppenmitglied Thomas. Er lebe hoch!

Um sieben verlassen wir die Hütte für unsere heutige Hochtour. Die Weißseespitze, 3.510m hoch, ist unser Ziel.

Rauher Kopf und Weißseespitze

Rauher Kopf und Weißseespitze

Wir steigen über die Felsen Richtung Rauher Kopf auf, bis wir den Gletscherrand des Gepatschferners erreichen. Die Hüftgurte hatten wir bequemerweise an der Hütte bereits angelegt; Steigeisen, Pickel und Seil müssen noch dazu kommen.

Am Anseilplatz

Am Anseilplatz

Wir machen uns in zwei Seilschaften auf den Weg. Der Schnee auf dem Gletscher ist noch erfreulich fest, so dass wir meist gut gehen können, nur ab und zu bricht man durch.

Eiswüste, endlos

Eiswüste, endlos

Der Weg durch das zunächst flache Gletscherbecken ist allerdings recht weit und man hat den Eindruck, wenig bis gar nicht vorwärts zu kommen. Als der Weg dann allerdings doch steiler wird und wir endlich dann auch Höhenmeter machen können, legen wir eine Pause zum Trinken ein und der Tourenleiter gibt noch einmal Instruktionen zum Gehen mit Steigeisen im steilen Eis.

Trinkpause

Trinkpause vor Wildspitze und Fluchtkogel

Apropos Tourenleiter: Der hat heute Magenprobleme und mit starker Übelkeit zu kämpfen („i mecht ja ned song, dass mia schlecht war – oba guad war mia ned“) und kann so den Anstieg nicht wirklich genießen. Aber da muss man halt mal durch … mit mehreren Pausen geht es dann schon.

Es geht dem Gipfel zu

Es geht dem Gipfel zu

Wir steigen nun durch deutlich steileres Gelände, das anspruchsvoller zu gehen ist. Da der Schnee nun leider auch schon weich ist, weichen wir, wo möglich, auf Felsrippen aus, um nicht dauernd durch die Schneedecke zu brechen (es hatte in der Schlechtwetterperiode der letzen Tage viel geschneit).

Die Weißkugel grüßt herüber

Die Weißkugel grüßt herüber

Nach einem letzten steilen Anstieg gelangen wir auf die Eiskappe des Gipfels und erreichen den höchsten Punkt etwa 10 Höhenmeter über dem Gipfelkreuz, das etwas tiefer auf einem Felsriegel verankert ist.

Bergsteiger in Trendfarbe Blau

Bergsteiger in Trendfarbe Blau

Na, und wenn das mal kein Aussichtsgipfel ist: Wir schauen hinüber zu Weißkugel. Similaun, Hinterer Schwärze, Wildspitze, und sogar zum Ortler und bis in die Bernina. Eine verdiente Belohnung für die Plagerei!

Blick zur Ortlergruppe

Blick zur Ortlergruppe

Weil es so schön ist und das Wetter so toll mitspielt, genießen wir den Gipfelaufenthalt über eine Stunde lang, bevor wir uns wieder an den Abstieg machen. Da der Schnee nun weich ist, können wir auf die Steigeisen verzichten – sie wären bei diesen Verhältnissen eher Hindernis als Hilfe.

Hintere Schwärze und Similaun

Hintere Schwärze und Similaun

Beim Abstieg rutschen wir dann auch ordentlich herum, und oftmals vollführen wir wilde Tänze, wenn es im tiefen Schnee den einen Fuß in die eine Richtung treibt und den anderen in die andere.

Abstieg von der Gipfeleiskappe

Abstieg von der Gipfeleiskappe

Und das flache Gletscherbecken lässt sich auch ganz schön betteln, bis wir endlich wieder die Felsen am Rauhen Kopf erreicht haben. Nun sind auch Wolken aufgezogen und ein kalter Wind bläst vom Berg herab, so dass wir so schnell wie möglich zur Hütte absteigen – Seil runter und los geht’s (apropos Seil: Der Wechsel beim Seiltragen hat während der drei Tage hervorragend geklappt – ein Lob an die Gruppe!).

Himmelsdusche

Himmelsdusche

An der Hütte wird dann die Duschmöglichkeit wieder rege genutzt (aufgrund der Wolken ist das Wasser allerdings nicht ganz so warm wie gestern – macht nix). Einige aus der Gruppe (inklusive Tourenleiter) legen sich für ein kleines Nickerchen hin, während der Rest der Gruppe die Sonne auf der Hüttenterrasse genießt. Nach zwei Stunden gesellen sich aber auch die Schläfer wieder dazu und wir verbringen die Zeit bis zum Abendessen in fröhlicher Runde vor der Hütte.

Ja, eh

Ja, eh

Zum Essen gibt es heute Schweinsbraten – mit dermaßen ordentlichen Portionen, dass heute gar keiner mehr Nachschlag ordert. Der Tourenleiter und Angie helfen dann noch in der Küche beim Abtrocknen („so schnell waren wir noch nie fertig“, sagt Anja) – ist ja wohl Ehrensache! Und die Witzepalette ist heute noch größer als gestern – wir haben eine Mordsgaudi, Thomas lässt Flüssignahrung springen und auch sonst geht’s uns total gut. Was für ein schöner Abend! Kein Wunder, dass die Gruppe die Hüttenruhe heute etwas ausdehnt … aber was heißt auch Hüttenruhe: Heute sind drei weitere Bergsteiger bei uns im Lager – und was die während dieser Nacht wegsägen, geht auf keine Kuhhaut. Sappralott!

Bereit fürs Frühstück

Bereit fürs Frühstück

Am nächsten Morgen treffen wir uns um halb sieben zum Frühstück. In der Nacht war ein Gewitter durchgezogen und der Himmel ist noch immer wolkenverhangen.

Fertigmachen zum Abmarsch

Fertigmachen zum Abmarsch

Wir packen unsere Sachen und machen uns an den Abstieg. Nach dem Felsriegel müssen wir wieder die Eisschlagzone queren; das ist zwar nach der nächtlichen Kühle weniger gefährlich, aber wir wollen das Risiko minimieren: Wir gehen in 50m Abstand und so schnell es geht durch die Abbruchzone.

Unbeliebtes Gebiet

Unbeliebtes Gebiet

Wir verzichten heute auf Gurt und Seil und benutzen nur die Steigeisen. So kommen wir auf dem Gletscher flott vorwärts und erreichen schnell den Gletscherrand. Ein kurzer Gegenanstieg und wir können auf dem guten Weg zügig bis zum Parkplatz absteigen.

Bachquerung kurz vorm Parkplatz

Bachquerung kurz vorm Parkplatz

Wir verpacken unsere Sachen ins Auto und schauen uns noch kurz den Holderli-Seppl-Klettersteig am Riffelbach-Wasserfall an. Da wir aber weder Helm noch Klettersteigset dabei haben und der Wetterbericht auch Gewitterneigung vorhersagt, verzichten wir auf die Begehung dieses Klettersteiges (Schwierigkeit B), der sich landschaftlich schön über 160 Hm an einem Wasserfall entlang zieht. Beim nächsten Mal!

Klettersteig, unberührt

Klettersteig, unberührt

Wir fahren stattdessen noch die Gletscherstraße bis zum Ende auf 2.750m hinauf (wir wollen ja die Maut nicht umsonst bezahlt haben). Die landschaftliche Schönheit hält sich am Gletscherskigebiet aber in Grenzen, wozu auch die Abdeckfolien über den dahin schmelzenden Gletscherresten einen negativen Beitrag leisten.

Eher nicht so schön

Eher nicht so schön

Wir fahren deshalb gleich wieder hinunter, machen aber noch einen Zwischenstopp für ein Foto mit einer „Gletscherkuh“ vor der Kulisse des Gepatschferners.

Topmodel

Topmodel

Den nächsten Stopp legen wir dann am Gepatschhaus zum Mittagessen ein, wo wir mit feinem Essen gut versorgt werden. Ein würdiger Abschluss unseres Tourenwochenendes!

Würdiger Abschluss

Würdiger Abschluss

Wir verabschieden uns und erreichen ohne Verkehrsprobleme über den Fernpass wieder Erding.

Lauter Rauhe Köpfe

Lauter Rauhe Köpfe

Teilnehmer: Angie Flossmann, Walter Kratzer, Vroni Maier, Uta Mentz, Thomas Müller, Robert Numberger, Harald Schramek, Martin Wegmeier
Tourenleitung: Hans Sterr
Co- Führung: Hans Mau
Bericht und Fotos: Hans Sterr


Über den Aufstieg zur Rauhekopfhütte hat am 17.08.2016 auch das ZDF Morgenmagazin berichtet: Video

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