Ratsch-Bladl – DAV Alpenkranzl Erding Alpenkranzl-Informationen 08/2010-12/2018

08.08.2016

Auf Hochtour im Venedigergebiet

Filed under: Tourenberichte — admin @ 17:32

05.-07.08.2016, mit Hans Sterr und Karola Rübensaal – „Völlig unbrauchbares Bergwetter. Von jeglicher alpiner Betätigung wird abgeraten.“ Na, wenn das mal keine „guten“ Voraussetzungen für eine Hochtour im Venedigergebiet sind …

Dass der Freitag nicht gerade ein Traum sein würde, wussten wir schon und verschoben deshalb die Abfahrt auf acht Uhr. Der Tageswetterbericht (siehe oben) macht aber dann klar: Ins Hochgebirge aufsteigen werden wir heute sicher nicht. Wir beraten deshalb am Parkplatz die Möglichkeiten: Erst morgen fahren, dafür sehr früh? Tour ganz absagen? Oder heute reinfahren, aber im Tal übernachten und erst morgen zur Hütte aufsteigen? Kurzer Anruf im Matreier Tauernhaus: Ja, sie haben was frei für uns. Also heute nach Osttirol, im Tauernhaus übernachten und Samstag dann aufsteigen.

Die Fahrt nach Osttirol gestaltet sich allerdings etwas zaach: Es hat einen unglaublichen Reiseverkehr, und obwohl wir eh schon den größten Staurouten ausweichen und nur Landstraßen fahren, brauchen wir knapp vier Stunden bis zum Südportal des Felbertauern. Unsere Fahrt unterbrechen wir nur für eine Kaffeepause in „unserem“ Café Neumayer (das wohl alle Kranzler kennen) in Aurach. Bis nach Aurach staut sich übrigens auch der Verkehr in Richtung Kitzbühel; gut, dass wir in die andere Richtung unterwegs sind …

Mittags erreichen wir das Tauernhaus und quartieren uns in einem Buama- und einem Mädl-Zimmer ein. Eine ausgiebige Mittagspause schließt sich an. Danach versetzen wir ein Auto nach Gruben, wo wir aus dem Hochgebirge wieder ins Tal zurück kommen werden, und fahren anschließend zu viert nach Matrei zum Einkaufsbummel. Das Shopping ist allerdings nur teilweise erfolgreich: Ein Tape kann zwar in einer Apotheke erstanden werden, aber der Wunsch nach einem neuen 50m-Halbseil lässt sich in den Sportgeschäften von Matrei nicht erfüllen („Solln ma’s bschdölln? In drei Doog waar’s do.“ – „Naa, dangschee“).

Zurück am Tauernhaus nutzen wir die Zeit, um im Trockenen (draußen regnet es unglaubliche Mengen) die Spaltenbergung zu üben. Es ist ja immer gut, wenn bei einem Sturz alle Mitglieder einer Seilschaft die Abläufe beherrschen, um die gestürzte Person wieder aus der Spalte zu holen.

So hängt das zusammen ...

So hängt das zusammen …

... wenn man es genau betrachtet

… wenn man es genau betrachtet

Also erstmal alle Schritte langsam durchgehen: Sturz halten, Fixpunkt zur Sicherung bauen, Flaschenzug aufbauen usw. Mit viel Engagement geht die Gruppe zu Werke, erst in Gemeinschaftsarbeit, dann in den von den Tourenleitern eingeteilten Seilschaften. Passt!

In diese Richtung ziehen!

In diese Richtung ziehen!

Nein, in diese Richtung!

Nein, in diese Richtung!

Nach so viel „Arbeit“ muss sich die Gruppe natürlich erholen. Während die einen das mit einem Nachmittagsnickerchen erledigen, nutzen die anderen die hauseigene Sauna. Nicht für alle ist das allerdings gleich erholsam: Eine aus der Gruppe muss sich von einem Rheinländer in der Infrarotkabine zutexten lassen – dabei will man ja eigentlich nur seine Ruhe. Während ein Bayer halt nix sagt, wenn es nix zu sagen gibt, scheinen Rheinländer zu glauben, dass die Erde sich sofort zu drehen aufhört, wenn sie für zehn Sekunden schweigen („Schweigen? Was ist Schweigen?“ fragt da der Rheinländer).

Solchermaßen treffen sich alle (fast alle) tiefenentspannt zu Abendessen und schönem Gruppenabend. Und dass es hier gesagt sei, falls das wer noch nicht wissen sollte: Im Matreier Tauernhaus kann man es hervorragend aushalten …

Hüa!

Hüa!

Der Samstag sollte eigentlich trocken beginnen, aber beim Aufstehen regnet es noch immer (oder schon wieder?). Als unsere Kutsche eintrifft, hat es aber dann immerhin aufgehört.

Hoch auf dem gelben(?) Wagen

Hoch auf dem gelben(?) Wagen

Wir beladen mit unserem Kutscher Mario das Gefährt und fahren los Richtung Innergschlöß. Wir haben es ja nicht eilig und wollen etwas von dem schönen Tal sehen. Leider beginnt es aber während der Fahrt wieder zu nässeln, was den Genuss doch etwas trübt.

Wasser von überall

Wasser von überall

Wir erreichen nach 50 Minuten das Venedigerhaus in Innergschlöß – und kehren gleich nochmal ein, denn bei dem Regen wollen wir nicht losgehen. Aber kaum wartet man eine halbe Stunde, hört es dann doch endlich auf.

Am Schlatenbach

Am Schlatenbach

Unser Weg führt uns nun entlang des Gschlößbaches weiter ins Tal hinein, bis wir am Abzweig am Talende in Richtung Süden am Schlatenbach entlang aufsteigen. Da springt die Körperheizung dann auch ordentlich an, denn es geht sehr steil hinauf und die Rucksäcke sind schwer.

Aber am Weg ist für Abwechslung gesorgt: Zum einen tost das Wasser in wilden Kaskaden den Berg hinunter (bei dem wahnsinnigen Regen von gestern auch kein Wunder), zum anderen machen wir eine besondere Begegnung: Über uns kreisen Bartgeier. Karola erzählt, dass hier im Nationalpark zwei von ihnen wieder angesiedelt wurden – schön, dass wir sie in freier Wildbahn beobachten können!

Bartgeier am Himmel

Bartgeier am Himmel

Gleich alle zwei!

Gleich alle zwei: Pinzgarus und Glocknerlady

Anmerkung: Der Tourenleiter hat die Sichtung an das Bartgeier-Projekt gemeldet. Hier die Antwort: „Hallo Herr Sterr, Sie haben zwei Bartgeier fotografiert. Es sollte sich bei den beiden um unser Gschlößer Paar Pinzgarus und Glocknerlady handeln. MfG, Mag. Michael Knollseisen, Bartgeierprojekt“

Wir steigen weiter auf und kommen an idyllische Plätze: Entlang von gischtendem Wasser erreichen wir erst den Salzbodensee

Am Salzbodensee

Am Salzbodensee

und kommen dann zum „Auge Gottes“, einem kleinen Bergsee, wo wir auch Brotzeitpause machen. Seinen Namen hat letzterer von der Grasinsel, die wie eine Pupille im länglich geformten See steht. Zugegeben, a bisserl Fantasie braucht man, aber Bergsteiger haben davon natürlich ausreichend.

Am "Auge Gottes" ...

Am „Auge Gottes“ …

... kann man (frau!) es aushalten

… kann man es aushalten

Nach der Pause steigen wir weiter auf Richtung Löbbentörl, und je weiter wir nach oben kommen, desto mehr Schnee liegt durch die Niederschläge von gestern auf den Felsen, die dadurch unangenehm rutschig werden. Die letzten 200 Hm lassen sich deshalb schon ein wenig betteln, aber schließlich stehen wir wohlbehalten auf dem Übergang.

"Felskunst" am Löbbentörl

„Felskunst“ am Löbbentörl

Zufällig ist auch grade ein weiterer Bergsteiger oben, so dass wir uns als Gruppe fotografieren lassen können. Andererseits: Er ist ein Rheinländer. Also Textprobe garantiert, wie Karola erfahren muss.

Am Löbbentörl

Am Löbbentörl

Der Abstieg vom Löbbentörl nach Süden erfordert dann im oberen Teil einiges an Konzentration: Steil und rutschig geht es durch den Schnee hinunter, und sogar den Lawinenstrich einer Sommerlawinen müssen wir queren. Etwas weiter unten wird es aber wieder besser, weil der meiste Schnee dort schon wieder getaut ist.

Kletterspaß inklusive

Kletterspaß inklusive

In stetigem Auf und Ab geht es jetzt der Badener Hütte zu und die immer wieder eingestreuten versicherten Stellen machen Kletterspaß. Dass der Weg nicht in direkter Linie, sondern durch viele Rinnen hinein und wieder hinaus führt, macht der Gruppe praktisch nichts aus, und so erreichen wir gut gelaunt die Hütte. Dort erwarten uns ein eigenes Lager (nur möglich, weil wegen des Schlechtwetters viele abgesagt haben, so wie wir am Vortag auch) und eine Dusche – super!

Wir machen es uns in der gut geheizten Gaststube gemütlich. Die Getränke sind gut, das Essen auch – sogar glutenfreie Kost wird einem unserer Teilnehmer serviert. Und am Abend zeigen sich auch die ersten Löcher in den Wolken – der nächste Tag soll gut werden.

Morgenlicht

Morgenlicht

Ursprünglich hatten wir ja geplant, über den Klettersteig zur Kristallwand aufzusteigen und über den Gletscher wieder zurück zu gehen. Nach den großen Mengen Schnee, die das Schlechtwetter abgeladen hat, mussten wir umplanen: der Klettersteig fällt wegen Vereisung eh aus, und die Tour muss aus Zeitgründen auch abgekürzt werden. Wir entscheiden uns deshalb, nur das Frosnitztörl anzugehen.

Blick zum Frosnitztörl

Blick zum Frosnitztörl

Der Sonntag begrüßt uns tatsächlich schon mit gutem Wetter, so dass wir nach dem Frühstück gleich mit dem Aufstieg beginnen können. Zunächst über die Moräne hinauf, dann ein kurzes Stück hinunter zum Gletscher (der wie alle Alpengletscher in den letzten Jahren arg gelitten hat). Wir seilen uns an und gehen in den eingeteilten Seilschaften los, als Seilerste jeweils die Tourenleiter Karola und Hans.

Am Anseilplatz

Am Anseilplatz

Eigentlich wollten wir den Gletscheranstieg wie in der Karte verzeichnet wählen, aber im Kessel sind die Matschfelder schon am Morgen so tief, dass wir uns für eine direktere, aber auch steilere Route entscheiden. Es zeigt sich, dass das keinerlei Problem darstellt: Alle Teilnehmer(innen) gehen sicher und geübt mit Pickel und Steigeisen um und haben einen sicheren Tritt.

Gute Steigtechnik

Gute Steigtechnik

Der Seilerste hat allerdings heute weiter oben ein wenig die A-Karte: Der Schnee ist tief und die Spurarbeit treibt ihm den Bleschel ganz schön raus … aber mei, wenn’s schee macht!

Kurz vor dem Frosnitztörl

Kurz vor dem Frosnitztörl

Und am Ziel ist die Plagerei dann eh vergessen … wir machen am Frosnitztörl auf der windgeschützten Nordseite Pause und genießen den Blick u.a. hinüber zum Großglockner, der sich über den Wolken erhebt, während der nahe Großvenediger oder das Rainerhorn durch die vor uns liegende Felsinsel verdeckt sind.

Grüße aus dem Törl

Grüße aus dem Törl

Wir halten die Pause kurz und steigen über das Frosnitzkees wieder hinunter zu dem Punkt, wo wir den Gletscher auch betreten haben.

Am Trinkwasserreservoir

Am Trinkwasserreservoir, links oben das Frosnitztörl

Über die Moräne führt uns der Weg dann vorbei am Trinkwasserreservoir wieder zurück zur Badener Hütte. Dort kehren wir nochmal kurz auf ein Getränk ein, ziehen uns um und packen die Rucksäcke für den Abstieg.

Badener Hütte

Badener Hütte

Dieser Abstieg führt uns über viele Höhenmeter hinunter durch das Frosnitztal, vorbei an wunderbaren Blumenwiesen.

Herrliche Blütenpracht mit Blick zum Wildenkogel

Herrliche Blütenpracht mit Blick zum Wildenkogel

Nach 900 Hm Abstieg wollen wir wie in der Karte als Jausenstation verzeichnet an den Zedlacher Almen einkehren, aber diese Station gibt es schon seit vorletztem Jahr nicht mehr.

Beim Reisinger

Beim Reisinger

Gut, dass es nicht weit unterhalb eine weitere Möglichkeit zur Einkehr gibt, nämlich beim „Reisinger“. Dort sitzen wir sehr schön und werden von den netten Wirtsleuten auch gut bedient. Nur die Preise sind nicht so wirklich almmäßig …

Einkehr mit Blick zum Nussenick (Nussingkogel)

Einkehr mit Blick zum Nussenick (Nussingkogel)

Martin und Hans gehen nun der Gruppe voraus, um das zweite Auto am Matreier Tauernhaus abzuholen. Der Abstieg durch das Tal ist landschaftlich tatsächlich großartig – die Einheimischen nennen es wegen der engen Einschnitte mit seinen unmittelbar steil aufragenden Bergen das „Nepal Tirols“.

Wasserfall des Frischnitz-Baches

Wasserfall des Frischnitz-Baches

Allerdings lässt sich der Rückweg auch ganz schön betteln: Immer wieder gibt es auch Gegenanstiege, geht es steil hinunter und auch von der Länge her ist der Rückweg fordernd. Schöne Vegetation lindert die Plagerei etwas.

Blutströpfchen-Schmetterling auf Bergflockenblume

Blutströpfchen-Schmetterling auf Bergflockenblume

Die anderen aus der Gruppe haben sich da das Leben etwas leichter gemacht und ihren Rucksack dem Johann von der Alm mitgegeben, der mit dem Geländewagen nach Gruben hinausfährt (nur der Werner hat sich außer Martin und Hans das Schleppen nicht nehmen lassen). Aber bei über 2.000 Höhenmetern Abstieg nimmt man eine kleine Erleichterung gerne mal mit …

Als die Gruppe dann in Gruben eintrifft, sind Hans und Martin mit den Autos bereits wieder da. Wir beladen die Autos und machen uns auf den Heimweg – und holen unterwegs noch eine andere Tourenleiterin des Alpenkranzl in Bad Feilnbach ab. So ein Zufall aber auch! Mit erstaunlich wenig Verkehr (die Autobahn umfahren wir) erreichen wir alle wohlbehalten wieder Erding.

Teilnehmer: Vroni Maier, Wolfgang und Mariano Mayr, Uta Mentz, Werner Rypalla, Roland Stary, Martin Wegmeier
Tourenleitung: Hans Sterr und Karola Rübensaal
Bericht und Fotos: Hans Sterr

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