04.-07. März 2016, mit Constanze Klotz – Rojen – eine der höchsten, ganzjährig bewohnten Siedlungen der Ostalpen. Idyllisch in einem einsamen Hochtal hoch oben über dem Reschensee auf 1960m gelegen. Siedlung ist fast übertrieben – 2 Stadel, 2 Wohnhäuser, ein Wirtshaus und eine Kirche. Neun Einwohner, ein Hund, einige Rinder und fünfzig Schafe.
Freitag, 4. März: Innerer Nockenkopf, 2786m
Das Wirtshaus, Gasthaus Bergkristall, ist ein nettes, familiengeführtes Haus mit einigen Gästezimmern und einer Wirtsstube, in der man sich gleich wohl fühlt.
Das Essen italienisch gut und reichhaltig. Wahrscheinlich ist das der Grund dafür, dass am zweiten Tag das Wetter schlecht wird, denn an Aufessen ist gar nicht zu denken am ersten Abend: Nach der Minestrone gibt es Karotten – und gemischten Salat, Bratkartoffeln, Kartoffelsalat und Nudeln mit Ragout sowie Fleischpflanzerl und Schnitzel.
Da sind wir froh, dass wir zum Nachtisch statt Dessert einen (äußerst leckeren) Zirbenschnaps wählen können. „Verdient“ haben wir uns das: Früh zwischen vier und halb fünf sind wir aufgestanden, mit Reiners Bus gemeinsam über den Reschenpaß hierher gefahren. In Nauders bei M-Preis den zweiten Kaffee und die bereits scheinende Sonne genossen. Gegen halb elf sind wir gut gelaunt per Ski gestartet, mit einem 20-minütigen Talweg, vorbei an schönen alten Holzstadln.
Dann ging es auf dem ersten Rücken, der unten keinen Waldgürtel mehr hat, rechts ab, von unten sah man schon das Wetterkreuz, gut 500 Höhenmeter oberhalb.
Vom Inneren Nockenkopf kann man die Gipfel und Anstiege der umliegenden Berge einsehen. So weit das Auge reicht, Skitourenziele.
Kurz vor zwölf machen wir in einer Mulde Rast, denn hier ist es noch warm.
Roland geht es unterwegs gar nicht gut, sein Magen spielt verrückt. Wir gehen ohne ihn weiter, das Wetter ist gut genug dafür. Der Gipfelgrat ist abgeweht, die Leeseiten mit Triebschnee gefüllt. So fahren wir auch nicht in den steilen Gipfelhang hinein, das ist bei Lawinenstufe 3 nicht sinnig. Der Schnee ist gut, so macht die Abfahrt richtig Spaß.
Samstag, 5.3.2016: Diverse Aktivitäten mit Bergbezug
„Schneeflöckchen, Weißröckchen…“ Es schneit. 25 – 30 cm sind angekündigt. In ganz Südtirol soll es Lawinenstufe 4 kriegen – nur nicht hier im Rojental. Wir machen uns auf den Weg zur Hinteren oder Grionscharte. Der Weg durchs Tal ist uns bekannt, noch gibt es Bezugspunkte, an denen man sich orientieren kann.Hinter den letzten Hütten, dort wo das Griontal abzweigt, beginnt die weiße Wildnis. Spuren nach Gefühl: Geht es da vorne aufwärts? Ist das eine Spur? Ist es dort steil oder nicht? Die GPS Route weist geradeaus, aber da scheint eine Schneewand zu sein. Auf 2300 m brechen wir ab, nichts geht mehr. Windböen bis 100km treiben den Schnee waagrecht vor sich her.
Michi und Reiner machen noch einen Aufstieg im Skigebiet, da wissen sie wenigstens bei der Abfahrt, wo es runter geht. Uta, Karola und Constanze machen am Nachmittag eine Winterwanderung. Wir besichtigen die Kirche Sankt Nikolaus mit beeindruckenden Fresken aus dem Mittelalter.
Anschließend steigen wir entlang der geräumten Straße hoch zur Schöneben Skihütte im Skigebiet. Durch den Wald ist das in Ordnung, oberhalb bläst der Wind wieder heftig. Trotz Skistöcken falle ich auf der eisigen Straße. Sage noch einer, Skitourengehen sei gefährlich!
Sonntag, 6.3.2016 Äußerer Nockenkopf 2769m und Spi da Russenna 2712m
Über Nacht hat der Schnee nochmal richtig zugelegt. Und die Sicht ist passabel. Ein Wintermärchen.
Wir steigen direkt vom Gasthof an der Nikolauskirche vorbei auf.
Der Äußere Nockenkopf ist lawinentechnisch der unproblematischste Berg hier, dementsprechend viel los ist hier heute. Etliche Bergführer sind mit ihren Gruppen unterwegs. Wir sind eine der ersten Gruppen und daher haben wir im Gipfelhang noch Platz für unsere eigenen Spuren. Ein Traum! Zur Mittagszeit sitzen wir schon wieder auf 2500m in einer Mulde und machen Brotzeit. Bei diesen Bedingungen wollen wir natürlich möglichst viel Abfahrt genießen. Also heißt es: Nochmals aufsteigen. Wir wenden uns nach Südwesten, über eine Rampe geht es zum Spi da Russenna. Ein unscheinbares Gipfelchen im langen Gratrücken, der die Grenze zwischen Südtirol und der Schweiz bildet. „Das Leben ist wie ein Traum“ – so fühlen wir uns bei der Abfahrt. Im unteren Bereich bieten die freien Hänge für jeden noch Platz für eigene Spuren. Aber wie ein schöner Traum ist auch diese Abfahrt viel zu schnell vorbei. Es wäre immer noch Zeit für einen erneuten Aufstieg, aber jetzt reicht es für heute mit den Aufstiegsmetern. Wir besichtigen nochmals die kleine Kirche, trinken gemütlich einen Kaffee, duschen und genießen den restlichen Nachmittag im gemütlichen Gasthof.
Montag, 7.3.2016 Grionkopf 2896m
Ein drittes mal ziehen wir unsere Spuren hinter ins Rojental. Bester Schnee und gutes Wetter – nur der „starke Dreier“ der Lawinenwarndienste trübt die Idylle. Bald erreichen wir die Stelle im Griontal, an der wir vorgestern im Schneetreiben umgekehrt sind. Bei guter Sicht überhaupt kein Problem. Gestern, am ersten Tag nach dem Neuschneefall, sind sicherheitshalber alle Gruppen rechts zur Grionscharte abgebogen. So spuren wir selbst zum Grionkopf hinauf.
Da wir am Freitag schon hierher schauen konnten und daher wissen, wo Triebschnee lag (und jetzt noch unter dem Neuschnee liegt), meiden wir bestimmte Expositionen. Karola beschließt, statt des Gipfelhanges die Sonne zu genießen. Das Gipfelbild wird schnell gemacht, denn es ist kälter, als es auf dem Bild erscheint.
Das Leben ist auch heute wie ein Traum – eine harmonische Spur angelegt und nun noch eine Neuschneeabfahrt – was will man als Tourengeher mehr?
Tourenteilnehmer: Roland Stary, Wolfgang Mayr, Karola Rübensaal, Reiner Kaifel, Michael Kreuz
Tourenführung und -bericht: Constanze Klotz