06.-09.09.2013, mit Alex Lechner und Hans Sterr – Eines vorweg: dem Wetterbericht von wetter.com sollte man gründlich misstrauen. Wenn drei Tage Sonne gemeldet werden und man dann aber ein solches Wetter hat wie wir, dann kann man den Wetterbericht auch gleich auswürfeln. Trotzdem hatten wir vier sehr erlebnisreiche und schöne Tage in den Dolomiten.
Wir brechen sehr früh von Erding auf, denn schließlich steht ja heute noch einiges auf dem Programm. Über den Brenner und das Pustertal erreichen wir Misurina und fahren die Mautstraße (kostet „nur“ 22 Euro) hinauf zur Auronzohütte mit dem Parkplatz für die Touristenmassen – an Einsamkeit stirbt hier keiner. Wir packen den Rucksack und machen uns auf den Weg vorbei am Rifugio Lavaredo und über die Scharte hinüber zur Dreizinnenhütte.
Dort machen wir Mittagspause, beziehen unsere Zimmer – sehr angenehm angesichts des Betriebs im Massenlager (den Begriff darf man wörtlich nehmen) – und steigen dann unserem ersten Ziel zu, dem Paternkofel.
Wir gehen vorbei an dem markanten Felsturm mit dem schönen Namen „Frankfurter Würstl“, legen dann Klettersteigset und Helm an – und hinein geht’s in die Galeria Paterno, einen im Hauptteil stockdunklen Stollen. Gut, dass wir Stirnlampen dabei haben (ja, manche haben keine und andere nur Funzeln, aber irgendwie geht’s schon).
Nach dem Stollen zieht der Steig über Rippen und Grate hinauf zur Gamsscharte, von wo wir einen schönen Blick hinunter zur Dreizinnenhütte haben.
Dann folgen klettersteigtechnisch die Schlüsselstellen, aber sie sind nur kurz und auch nicht wirklich schwierig, alle meistern sie problemlos.
Dann noch ein Stück über die schotterige Gipfelflanke, und wir haben den Gipfel des Paternkofels erreicht. Etliche aus der Gruppe sogar mit den gleichen Schuhen …
Es ist stark bewölkt, aber immerhin kommt zwischen den Wolken auch mal die Sonne durch. Wir nutzen die Strahlen für ein schnelles Gipfelfoto und genießen das trotzdem tolle Panorama – und die Sicht auf die Drei Zinnen nebenan ist ohnehin unschlagbar. „Wie gibt es das, dass jemand nicht bergsteigen mag?“, fragt sich bei dieser Aussicht Tourenleiter Alex. Gute Frage!
Wir machen ausgiebig Brotzeit, bekommen von Südtirolern selbst angesetzten Anisschnaps angeboten und genießen, dass wir den Gipfel (es ist ja schon Nachmittag) längere Zeit für uns allein haben. Aber irgendwann muss man halt doch wieder runter …
Wir steigen denselben Weg zurück – fast denselben: Vor der Gamsscharte gibt es eine Ausweichstelle, damit sich die Auf- und Absteiger nicht in die Quere kommen. Fast das schwerste Stück des ganzen Steigs … aber natürlich bremst uns das nicht. Vor allem, weil einigen schon an der Gamsscharte Hopfengeruch in die Nase dringt: Also schnell runter!
Wir erreichen wieder die Hütte und stoßen auf unsere schöne Tour an. Ein ausgezeichnetes Abendessen rundet den schönen Tag ab. Nur dass die Wolken so fett hereinziehen, dass statt eines schönen Sonnenuntergangs rein gar nichts mehr zu sehen ist … da jammern die Fotografen.
Am nächsten Tag stehen die Klettersteige am Toblinger Knoten auf dem Programm. Nach dem Frühstück stehen alle schon eine Viertelstunde vor der Zeit zum Abmarsch bereit – ja mei, Kranzler halt.
Der Morgen war nur kurz klar, dann zieht wieder dichter Nebel herein. Aber als wir in Richtung Knoten aufsteigen, lichtet sich das Ganze langsam, und es entstehen schöne Lichtstimmungen. Balsam für die Fotografenseele …
Wir erreichen die Einstiegshöhe, und der führende Tourenleiter ist sicher: Zum Leiternsteig geht’s rechts herum um den Berg – und da ist ja auch schon der Einstieg.
Klettersteigausrüstung an und los geht’s – und schnell ist klar: Das ist nicht der gesuchte Aufstieg, sondern der geplante Abstieg.
Nach kurzer Zeit stehen wir trotzdem auf dem Gipfel. Dort sieht man auch, wo der Leiternsteig herauf kommt … also wieder runter, um den Berg herum (die eine Gruppe links, die andere rechts herum – alle gleich wär ja fad) und dann etwas brüchig zum Einstieg des Leiternsteigs.
Und dann geht’s ordentlich zur Sache: Senkrechte, trittarme Stellen wechseln mit steilen Leitern über Schluchten und sehr ausgesetzten Rippen ab. Die Leitern führen zum Teil übereinander hinweg.
Eine Schlucht wird mit Spreizschritten entlang geklettert – wobei sich eine Teilnehmerin etwas schwer tut und nicht mehr so recht weiterkommt. Zum Glück kommt von unten ein tapferer Ritter, auf dessen Schultern sie die Engstelle entlang reiten kann. Hat man auch nicht jeden Tag!
Wir steigen aus dem Schatten der Nordwand aus und in die jetzt kräftig scheinende Sonne am Gipfel. Da waren wir schon mal … und jetzt ist klar: Der erste Aufstieg ist nicht irrtümlich, sondern absichtlich zu Trainingszwecken gewählt worden! Ja mei, soichane Hund‘ san’s, de Kranzler-Tourenleiter!
Wir steigen wieder ab, machen auf der Dreizinnenhütte Mittag und gehen dann zurück zum Parkplatz. Wir müssen heute noch über den Passo Tre Croci, um mit der Seilbahn hinauf zu fahren zum Rifugio Lorenzi am Cristallo.
Ein kurzer Stopp für ein Schleckeis am Misurina-See, dann erreichen wir den Parkplatz Rio Gere. Von hier fahren wir mit erst mit dem Sessellift zum Rifugio Son Forca (wo wir am nächsten Tag übernachten) und dann nach einem Cappuccino-Stopp weiter mit der Seilbahn. (Und wenn jemand krittelt, dass wir als Bergsteiger mit dem Lift fahren: Schaut‘s Euch erst mal den Aufstieg an und redet‘s dann weiter, gell.)
Na ja, und was heißt Seilbahn: Die Kabinen schauen eher nach Schuhcremedosen aus, und mit zwei Personen und Rucksäcken ist eine Gondel mehr als voll besetzt. Und während der Fahrt hat man viel Zeit zum Schauen – die Geschwindigkeit ist für Herzpatienten geeignet. Dafür muss man beim Ein- und Aussteigen schnell sein, weil die Gondeln nicht ausgehängt werden. Wer zu langsam ist, wird dafür vom Personal freundlich aus der Gondel gezerrt … Service!
Gleich bei der Seilbahnstation liegt auf knapp 3.000m unsere Hütte, die mit Hüttenkreuz spektakulär in die Scharte gebaut wurde.
Die tolle Aussicht können wir aber nur kurz genießen, weil das Wetter wieder zuzieht … aber im Gastraum geht es uns ja auch gut. Das Abendessen ist wieder sehr gut, die Wirtsleute nett und freundlich. Nur die Stockbetten führen zu Seekrankheit …
Trotzdem haben alle recht gut geschlafen, als wir uns um 06.30 Uhr zum Frühstück treffen. Leider hängen draußen Wolken im Grat, ein eiskalter und stürmischer Wind pfeift die Scharte herauf und nur kurz bekommen wir durch einen Spalt die Morgensonne zu sehen. Macht nix: Wir gehen den Klettersteig Ivano Dibona trotzdem an – und als wir losgehen, kommt tatsächlich kurz die Sonne heraus.
Nach kurzem Steig und einem kleinen Tunnel erreichen wir auch schon die Schaustelle des Klettersteigs: Die 30m lange Hängebrücke. Einzelbegehung schützt vor Schaukeln – und Fotos müssen ja auch gemacht werden …
Wir steigen weiter über den mal breiteren, mal schmaleren Grat. Leider zieht jetzt wieder dichter Nebel herein – andererseits macht das den Steig durchaus anregend und spektakulär. Die Landschaft ringsum schauen wir uns halt ein anderes mal an, so wie wir auch den Abstecher auf den Cristallino mangels Aussicht wegfallen lassen.
Wir steigen den Grat weiter ab, bis wir eine alte Kriegsstellung erreichen, an der wir Pause machen. Freundlicherweise haben sie uns die Stühle aus der Stube vor die Türe gestellt …
Dann geht’s weiter in stetem Auf und Ab, über Bänder und Brücken, bis wir schließlich die Scharte für den Abstieg erreichen.
Das ist nun nicht jedermanns bzw. jederfrau Sache, denn der Abstieg ist sehr bröselig und rutschig. Aber mit Geduld und kleinen Hilfestellungen erreichen wir unseren Brotzeitplatz auf einer Rippe. Ein Tourenleiter ermahnt nachdrängelnde, ungeduldige Klettersteiggeher gewohnt freundlich (wie sonst?).
Leichtes Nieseln lässt uns die Mittagspause etwas früher abbrechen; wir steigen die letzten Klettersteigmeter hinunter und nehmen dann den kurzen Gegenanstieg hinauf zum Rifugio Son Forca in Angriff. Dort genießen wir unter dem Vordach die verdiente Rast nach diesem sehr langen Steig.
Wir sind die einzigen Gäste auf der Hütte – wohl deshalb muss der Aufenthaltsraum erst noch geheizt werden (und dass der Heizkörper in Kopfhöhe hängt, hilft nicht wirklich). Wir fühlen uns trotzdem wohl und freuen uns alle auf das Abendessen, das wie immer gut und reichlich ist (sogar die Hungrigsten unter uns können heute nicht aufessen).
Während der Nacht schüttet es unglaubliche Mengen Regen, begleitet von einem Sturm, der ums Haus tost. Das schaut nicht gut aus für einen Klettersteig heute … zu unserer Überraschung reißt es aber tatsächlich auf, als wir beim Frühstück sitzen. Trotzdem: Zu nass zum Klettern heute … wir beschließen, stattdessen an den Cinque Torri zum Wandern zu gehen. Beim Frühstück schauen wir noch einem Rudel Gemsen mit 19 (!) Tieren unterhalb der Hütte zu …
Wir fahren mit dem Sessellift hinunter zum Auto und dann hinüber Richtung Falzarego, stellen die Autos ab und steigen vorbei am Lago Bai de Dones hinauf zu den Fünf Türmen.
Unsere Wahl des Tagesziels erweist sich als völlig richtig: Überall hängen die Wolken, nur bei uns scheint meist die Sonne. Ja mei, Kranzler-Tourenleiter halt … Unterhalb der Türme ein Schmankerl: Renate hat einen Kuchen mit herauf getragen – danke, Renate!
Und gut geht es auch weiter: Heinz weiß, dass ein Weg mitten durch die Türme führt und so finden wir einen spektakulären Durchstieg durch das Felslabyrinth. Sehr lohnend!
Nach einem Abstecher durch das Kriegsmuseum an den Türmen erreichen wir schließlich mit vielen Fotostopps das Rifugio Scoiattoli, wo wir zur Mittagspause einkehren und mit sehr feinem Essen belohnt werden.
Nach der Mittagsrast in der Sonne brechen wir dann wieder auf und nehmen den westlichen Abstieg, der sehr schön durch Felsen und Bergwälder hinab führt zur Passstraße und zurück zum Parkplatz.
Dort verabschieden wir uns sehr herzlich in der Gewissheit, trotz des manchmal nicht so tollen Wetters herrliche Tage in den Dolomiten verbracht zu haben.
Teilnehmer: Matthias Adelsberger, Heinz Barczewski, Irmgard Haunolder, Luise Klemens, Rüdiger Lindner, Steffi Mayr, Renate Resch, Harald Schramek, Sonja Schupsky, Alex Voss
Tourenleitung: Alex Lechner, Hans Sterr
Fotos und Bericht: Hans Sterr