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15.09.2011

Tour du Mont Blanc – Teil 2: von Courmayeur nach Chamonix

Filed under: Tourenberichte — admin @ 13:12

27.08.-04.09.2011, ohne Tourenleiter – Dass es zur Not auch einmal ohne Tourenleiter geht, wenn die Gruppe aus lauter Bergfexn besteht, bewiesen die Teilnehmer der Tour du Mont Blanc, Teil 2. Hier ihr (ungewöhnlicher) Bericht …

1.  Teilnehmer
Statt 13, wie beim Teil 1 im August 2010, schrumpfte die Mannschaft auf 7 Personen, der Altersdurchschnitt schnellte auf 63,3 Jahre hoch. Das konnte nur bedeuten – die Alten müssen die Stellung halten! Unseres Guides beraubt (Hans lag mit einer ernsten Virusgrippe im Bett und gab uns mit ersterbender Stimme Anweisungen zur Durchführung der Tour) und unserer Organisatorin ledig (Sabine Sautter blieb mit ihrem Mann Wolfgang wegen dessen Knieproblemen zu Hause), mussten wir das Kartenmaterial zusammen interpretieren – so entsteht demokratisches Bergsteigen. Die Hüttenbuchungen, die Sabine vorbildlich erledigt hatte, wurden von Claudia in einer Nachtschicht per email oder Telefon bestätigt und auf die reduzierte Teilnehmerzahl zurückgenommen.
So vorbereitet und gänzlich führerlos starteten Claudia und Wolfram Honsberg mit Christina Braun und im 2. Auto Maria und Anton Schrögmeier mit Beate und Ernst Schmidt um 5 Uhr in Erding.

Am Grand Ferret

2.  Tourendaten
In den 8 Tagen sind wir akribisch dem TMB in der ausgearbeiteten Fassung von Hans Sterr gefolgt, was etliche Extratouren mit  tollen Aus- und Einblicken mit einschloss. Am Ende der Tour erstaunte uns der Blick auf den Tacho:  8.200 Hm sind wir gehaxelt mit unseren Monsterrucksäcken, allerdings war auch kein Tag mit weniger als 7 – 8 Sunden Gehzeit dabei, vom 1. Tag einmal abgesehen.

3.  Verletzungen
Um es vorweg zu nehmen, die schwerste Verletzung war im schweizerischen Ferret zu verzeichnen, als sich Claudia herzhaft und kräftig am Frühstücksbuffet mit dem Sägemesser den Daumen halbierte. Ansonsten waren Wasserblasen das übliche Tagesgeschäft und Voltaren, Mobilat und Konsorten mussten abends Knie und Achillessehnen für den nächsten Tag schmerzfrei bekommen. Übrigens: der Daumen wurde mit Bordmitteln geflickt. Trotz der schlaflosen Nacht, in der Claudia mit pochendem Daumen alle Szenarien des Weitertransports ihrer Person auf die französiche Seite des Mont Blanc durchexerzierte, war der Daumen ab dem nächsten Tag problemfrei und in Heilung begriffen. Zwischenzeitlich erinnert nur noch eine deutliche Einkerbung von der Selbstverstümmelung.

Sonnenschirm vor dem Glacier d'Orny

4.  Wetter
An allen 8 Tagen hatten wir – von ein paar Wolken am letzten Tag abgesehen – bestes Bergwetter. Die langen Tourenhosen blieben im Rucksack, Christina wandelte z. Teil mit „Sonnen“-Schirm und Maria pflegte abends ihre feuerroten Wadeln.
Die ersten Regentropfen streiften uns beim Einkehrschwung in die letzte Hütte, dem Chalet de la Flégère auf dem Grand Balcon hoch über Chamonix.

Blick vom Grand Balcon zum Mont Blanc

5.  Hütten/ Hotels
Unsere Spitzenhütte war einstimmig das Refugio Bonatti, eine moderne Hütte mit großzügigem Zuschnitt, viel Platz und Ablagen im Lager, sauberen Duschen und Superessen nebst köstlichem Capuccino und Wein.
Die Schweizer Wegelagerer (unser Tauschkurs: 1 € = 1,10 SFR, vor Ort auch 1:1) schossen sowohl das Chalet de Ferret , wie das Hotel de Fenêtre, und das Chalet Le Relais du Mont Blanc in Trient , den Vogel ab:  für ca. 68 SFR bekamen wir nicht oder schlecht funktionierende Duschen, sehr enge Lager ohne jede Ablage und Aufhängungsmöglichkeiten für Rücksäcke und Kleidung. Das Essen war in allen Fällen wenigstens ein Lichtblick. Getränke jeder Art wollten aber in der Schweiz mit Bedacht bestellt werden: der Wein war 3x so teuer wie in Italien und Frankreich, 30 SFR für den Liter sind Standard, das Minibier mit 250 cl schlägt mit 3,50 SFR zu Buche. Den Gipfelpunkt der Unverschämtheiten markierte Christinas Mineralwasser in Champex, da wurden 9 SFR fällig.

Blick über das Mer de Glace zu den Grandes Jorasses mit Dent du Geant

6. Besonderheiten auf dem TMB
Am ersten Tag wurden wir im Strudel des Mont Blanc -Ultratrails  zum Rifugio Bertone  mitgerissen. Die Läufer hatten zu diesem Zeitpunkt schon 18 Stunden auf dem Buckel, entsprechend wortkarg und hohlwangig schritt die Masse der Sportler an uns vorbei. Auf der Hütte selbst war Normalbetrieb, da die Läufer in Courmayeur nochmals mehr als 18 Stunden vor sich hatten und die Nacht über weiterliefen oder -stolperten.
Im Chalet de Ferret begrüßte uns ein sichtlich vom Alkohol gezeichneter Wirt, den Betrieb managten 2 junge Leute und ein Koch, der sein Handwerk verstand.
Überall in der Schweiz wurde uns eine „Einheitssuppe“ verabreicht, die aus einer geschredderten Masse  Kartoffeln und Gemüse undefinierter Art bestand, nicht schlecht, aber doch verblüffend ähnlich. Ob das für den TMB staatlicherseits festgelegt wurde? Man kennt ja den Schweizer Ordnungsdrang.
Im Chalet  Alpin du Tour – von uns leider falsch interpretiert, denn der Ort heißt „Le Tour“ und wir landeten 3 km weiter in Tré les Champ  – werkelte eine tüchtige junge Frau mit 8-wöchigem Kleinstkind im Tragetuch als Hüttenwirtin; ihr abgeschlaffter Ehemann kümmerte sich um 2 weitere Kleinkinder und die Kasse, zu mehr schien er nicht in der Lage zu sein.
Der Empfang  am Chalet de la Flégère bestand aus einem Tischchen mit einem Schild „Reception“ auf der Terrasse und einem Schwung  junger Leute, die mit dem Elan von Jungwirten uns beim Einchecken zur Seite standen. Diese „Praktikantenbrigade“ domptierte die voll besetzte Hütte mit allen Serviceleistungen, darunter mindestens 30 Japaner auf Europatrip, der Wirt agierte nur im Hintergrund. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass es sich dabei um ferienjobbende Studenten handelte.
Dank Christinas professioneller Italienischkenntnisse und Claudias wiederbelebtem Französisch konnten alle sprachlichen Barrieren überwunden werden.

7.  Touren – Berge – Cols – Fenêtres
Über 7 Berge und Pässe sind wir gegangen …  so über den Col Sapin,  Col du Grd. Ferret, das Fenètre d’Arpette, den Col de Balme  usw. An der italienisch-schweizerischen Grenze ist es uns schon nach 2 Tagen gelungen, die von uns als Matterhorn und Monte Rosa identifizierten Giganten im Osten als Grand und Petit Combin zu enttarnen – HIER HANS, hast Du uns gefehlt!
Die Königsetappe von Champex über das Fenêtre d’Arpette nach Trient mit 1300 Hm in Auf- und 1450 Hm im Abstieg ging uns allen in die Knochen, nach 10 Stunden waren wir platt, aber im Tal. Gott sei Dank hat uns das Raclette-Käsefondue am Abend wieder ordentlich aufgerichtet.
Die schönste „Sondertour“ führte uns nach Hansens Vorschlag zu den Lacs de Fenêtre, einer idyllischen Sammlung  3er Seen vor der gigantischen Kulisse aus Mont Blanc und Grandes Jorasses. Den Gipfelpunkt setzte dort ein lange kreisendes Paar Bartgeier.

Am Lac de Fenetre

8.  Tiere
Hier sind zuallererst die Wallisischen Kampfkühe von der Rasse der Eringer zu nennen, die haben sich am Col de Balme richtig angebrüllt, mit Staubaufwerfen und Schaum vorm Maul. Interessanterweise haben sich die beiden streitenden Herden durch jeweils einen mickrigen Weidezaun in Schach halten lassen – wir mussten wegtechnisch zwischen den beiden Parteien hindurch! Ein wenig mulmig war‘s uns da schon. Besagte Bartgeier und weiters Murmeltiere wurden gesichtet. Der Blick auf Steinböcke, wie beim 1. Teil der  TMB blieb uns diesmal verwehrt, so musste eine Gämse genügen. Als Entschädigung streunte ein junger Fuchs bei einer Rast am Abstieg vom Fenêtre d’Arpette in nächster Nähe um die Hütte, auf der Suche nach Futter.

9.  Fazit
Dieser 2. Teil der Mont Blanc – Umrundung ist landschaftlich grandios und anstrengend. Dank des guten Wetters blieben uns wetterbedingte Schwierigkeiten erspart. Beate und Wolfram kamen beim Fotografieren zu vielen tollen Motiven – DA HANS hättest mitmachen sollen!
Man kommt dem Mont Blanc Massiv doch sehr nahe, bei unserer Sondertour zur Cabane d’Orny trifft man auf den Glacier d’Orny und der Abstieg vom Fenètre d’Arpette führt längs des Glacier du Trient. Die Teilnehmer waren alle den hohen Anforderungen gewachsen. Beate fühlte sich manchmal  am Limit ihrer Leistungsfähigkeit, zeichnete sich aber durch ihre schnelle Regenerationsfähigkeit aus. Unser Senior Toni machts wie der legendäre Käfer – er läuft und läuft und läuft …. ein Schweizer Uhrwerk könnt es nicht besser.
Schnarchtechnisch war’s  diesmal super – DA HANS gingst uns GAR NICHT AB!

Vor den Grandes Jorasses

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